Ein BVB-Fanzine sollte Meinung zeigen. Antikriegstag? Widerstand?
Auch am bundesligafreien Wochenende wird die Polizei gebeten. Dortmund Hauptbahnhof und Innenstadt werden zur kleinen Bürgerkriegszone von mehreren tausend Neonazis und Antifas.
Auf dem Vorplatz startet die Antifa u.a. mit der auch in Dortmund beliebten Band Deichkind ab 11 Uhr, zur gleichen Zeit wollen die "Autonomen Nationalisten" im Hauptbahnhof ihren Marsch zur U-Bahn-Station Hafen beginnen, wo um 12 Uhr ihr genehmigter "Rechtskampf" über Mallinckrodt- und Scharnhorststraße, ein auch multikulturelles Wohngebiet und u.a. Sitz des Grünen-Kreisverbands, beginnt.
Die Eilentscheidung ein paar Stunden vor der als "Antikriegstag" getarnten Demo von Neonazis hat das Bundesverfassungsgericht mit folgenden Argumenten gestützt:
Die erste Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat in ihrem Beschluss die aufschiebende Wirkung der Klage des Beschwerdeführers gegen die Verbotsverfügung wiederhergestellt, da die Versammlungsbehörde und die Verwaltungsgerichte keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine unmittelbare - ein Verbot rechtfertigende - Gefahr für die öffentliche Sicherheit aufgezeigt haben.
Die mögliche Teilnahme einer größeren Zahl von Anhängern der „Autonomen Nationalisten“ an einer Großdemonstration begründet nicht schon für sich gesehen die Annahme, dass von einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit auszugehen ist und allein deshalb ein Verbot der Versammlung gerechtfertigt ist.
Hat der Adler noch alle Schrauben locker?
Keine der von der Versammlungsbehörde und den Verwaltungsgerichten für die Gefahrenprognose herangezogenen Äußerungen und Aufrufe aus der Szene der „Autonomen Nationalisten“ im Internet weist einen Bezug zu der konkret geplanten Versammlung auf. Soweit die Versammlungsbehörde und die Verwaltungsgerichte eine Indizwirkung für das Gefahrenpotential aus früheren rechtsradikalen Versammlungen ableiten, ist eine hinreichend konkrete Tatsachengrundlage ebenfalls nicht dargetan. Als Vorgängerversammlungen sind in erster Linie diejenigen Veranstaltungen heranzuziehen, die bezüglich des Mottos, des Ortes, des Datums sowie des Teilnehmer- und Organisatorenkreises Ähnlichkeiten zu der geplante Versammlung aufweisen. Die Antikriegstags-Versammlungen in den Jahren 2005, 2006 und 2007 sind nach den Angaben in der Verbotsverfügung gänzlich ohne Vorkommnisse durchgeführt worden. Auf der Antikriegstag-Versammlung im Jahr 2008 ist es zwar augenscheinlich zu gewissen tätlichen Auseinandersetzungen gekommen, die Angaben der Versammlungsbehörde zu Umfang, Intensität und Folgen dieser Tätlichkeiten sind allerdings zu unbestimmt, um den Schluss zuzulassen, dass die Versammlung selbst die Schwelle zur Gewaltanwendung überschritten hat. Die früheren 1. Mai-Demonstrationen standen unter einem anderem Motto, erfolgten zu einem anderen, noch konfliktträchtigeren Datum, teils an einem anderen Ort und teils ohne Anmeldung.
Plötzlicher Schneefall, oder was?
Das BVG sieht den 1. Mai als "konfliktträchtiger" an als eine geschichtsverdrehende Demo zum siebzigjährigen Jahrestag des Kriegsbeginns von Nazideutschland. Fast jede der verlinkten rechtsradikalen Seiten trommelt zum 5. September. Sowohl die Mai-Übergriffe von Neonazis in Dortmund als auch die vergangenen Antikriegstags-Versammlungen waren keinesfalls gewaltlos, wie hier behauptet wird. Da wurde mobilisiert und rekrutiert. Eigentlich verfassungs- wie menschenfeindliche Chaoten-Treffen werden von oberster (bundes-)republikanischer Instanz verharmlost und gelogen legitimiert. Kaum zu fassen.
Aus unparteiischen und gesundheitlichen Gründen könnte fan diese Demo ignorieren, aber wieder einmal bekommt Dortmund einen schlechten Ruf. Und das nicht nur an diesem Tag. Dortmund gilt als Hochburg der aktiven und gewaltbereiten Rechtsextremen in Nordrhein-Westfalen. Wo sich früher die Borussenfront auf Borsigplatz und Südtribüne prügelte, ist es nun ein unauffälliger schwarzer Block, es könnten Ultras sein, Symbole und Kultur sind austauschbar und ähneln denen der Antifa.
Warum immer das gleiche tragen?
Von der BVB-Spielerresidenz Herdecke aus zog es den Mittzwanziger "Kameraden" Giemsch nach Dortmund-Dorstfeld, wo ihm die ARGE eine Ich-AG finanzierte und er damit per Postfach seinen "Widerstand" aufbaute. Zwischen Studium der Naturwissenschaften und WG-Leben verkauft er Propaganda-Mailorder (brandresistente Bücher und Stahlkugeln) und auf kollektiven Sammelseiten im Internet vernetzen sich junge Neonazis und ahnungslose Rechtsrebellen.
Extern plakativ gegen Kriege im Namen des Kapitalismus und der Globalisierung, aber intern knallhart unter nationalem Ehrenkodex. Radikaler als das DVU oder NPD wagen würden, "Bewegung braucht keine Parteien". Europaweit gehen die Verbindungen, was die bizarre Frage aufwirft, auf welchen "Nationalismus" sich z.B. Polen und Deutsche einigen sollten. Im Zweifel Kahlkopf, Oi, Speed, Schnaps und Antisemitismus?
Nach der überraschend kurzfristigen Genehmigung durch das BVG, rief die Webseite der AN dazu auf, "schwarz-weiß-rote Fahnen" mitzubringen. Nicht, weil am Abend Deutschland gegen WM-Gastgeber Südafrika spielt. Heben wir mal müde die linke Faust zur internationalen Solidarität und trällern Bumsfallera oder so.
Aktuell 05.09.09
Während die Neonazis auf einem Dorstfelder Parkplatz vom Feuerwehrwagen schwallen dürfen (Hauptredner Worch)...
...gibt die Polizei den Gegendemonstranten schon weit vor dem Hauptbahnhof Pfefferspray
Aber Zehntausende haben sich für freiheitliche Demokratie mit sozialer Solidarität gegen vom Verfassungsrecht erlaubte Menschenfeinde gestellt. Heute abend spielen Too Strong und Bob Geldof auf dem Friedensplatz! DANKE DORTMUND, das war stark
Heute waren schon 21 Besucher (26 Hits) & Borussen hier!